Der Preis, der im Falle einer Veräußerung erzielt werden kann, wird gemäß § 9 Bewertungsgesetz (BewG) als Bewertungsgrundsatz „gemeiner Wert“ definiert. Als Bruttowert angegeben, sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, einzubeziehen. Der gemeine Wert spiegelt somit den Marktwert wider, der für das Objekt unter normalen Verhältnissen am Markt zu erzielen wäre.
Faktoren, die den gemeinen Wert beeinflussen
Die Bestimmung des gemeinen Wertes erfordert eine umfassende Betrachtung aller relevanten Umstände, die den Preis beeinflussen können. Zu den wesentlichen Faktoren gehören:
Lage: Die geografische Lage und die Infrastruktur der Umgebung spielen eine zentrale Rolle. Immobilien in zentralen oder gut angebundenen Lagen erzielen in der Regel höhere Preise.
Zustand der Immobilie: Der bauliche Zustand, die Ausstattung und die Instandhaltung des Objekts beeinflussen den Wert erheblich. Moderne und gut gepflegte Immobilien sind in der Regel mehr wert als sanierungsbedürftige Objekte.
Marktlage: Angebot und Nachfrage auf dem Immobilienmarkt beeinflussen den Preis. In Märkten mit hoher Nachfrage und knappem Angebot sind höhere Preise zu erwarten.
Rechtliche Rahmenbedingungen: Vorschriften wie Bebauungspläne, Denkmalschutzauflagen oder bestehende Mietverträge können den Wert einer Immobilie beeinflussen.
Nutzungspotenzial: Das zukünftige Nutzungspotenzial, wie z.B. Erweiterungs- oder Umnutzungsmöglichkeiten, wird ebenfalls in die Bewertung einbezogen.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Die allgemeine wirtschaftliche Lage, Zinssätze und Finanzierungsmöglichkeiten wirken sich auf die Zahlungsbereitschaft der Käufer aus.
Methoden zur Ermittlung des gemeinen Wertes
Zur Ermittlung des gemeinen Wertes werden verschiedene Bewertungsmethoden eingesetzt, die je nach Art und Zweck der Bewertung ausgewählt werden:
Vergleichswertverfahren: Hierbei werden Verkaufspreise vergleichbarer Objekte herangezogen, um den Wert der Immobilie zu bestimmen. Dieses Verfahren ist besonders geeignet für standardisierte Objekte wie Wohnungen und Einfamilienhäuser.
Ertragswertverfahren: Diese Methode wird hauptsächlich für renditeorientierte Immobilien wie Mietshäuser oder Gewerbeimmobilien verwendet. Der Wert ergibt sich aus den erzielbaren Mieteinnahmen abzüglich der Bewirtschaftungskosten.
Sachwertverfahren: Bei diesem Verfahren wird der Wert der Immobilie auf Basis der Herstellungskosten ermittelt. Es kommt häufig bei besonderen Immobilien wie öffentlichen Gebäuden oder Denkmälern zum Einsatz.
Rechtliche Aspekte
Die Bestimmung des gemeinen Wertes ist nicht nur für Kauf- und Verkaufsprozesse wichtig, sondern auch für steuerliche Zwecke. Der ermittelte Wert dient als Grundlage für die Berechnung von Steuern wie der Grunderwerbsteuer, der Erbschafts- und Schenkungsteuer sowie der Vermögensteuer.
Bedeutung für die Praxis
In der Praxis ist die genaue Ermittlung des gemeinen Wertes von entscheidender Bedeutung für alle Parteien, die an einer Immobilientransaktion beteiligt sind. Verkäufer können durch eine realistische Bewertung einen angemessenen Verkaufspreis erzielen, während Käufer Sicherheit über den tatsächlichen Wert der Immobilie erhalten. Auch Banken und Finanzinstitute nutzen diese Bewertung, um die Beleihungsgrenze für Immobilienkredite festzulegen.