Immobilieneigentümer sind daran interessiert, den Einheitswert zu berechnen, weil dieser die Bemessungsgrundlage für verschiedene Steuern ist. Basierend auf dem Einheitswert wird die Grundsteuer, die von Immobilieneigentümern jährlich gezahlt werden muss, ermittelt. Mit einem Aufkommen von mehr als 14 Milliarden Euro pro Jahr ist die Grundsteuer für Städte und Gemeinden eine wichtige Einnahmequelle. Außerdem verwenden die Finanzämter den Einheitswert als Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer und vielfach für die Zweitwohnungssteuer. Seit einigen Jahren wurde das Verfahren der Feststellung des Einheitswerts stark kritisiert, weil unterschiedliche Bewertungsstichtage in den alten und neuen Bundesländern zu Ungleichbehandlungen führten. Dem Einheitswert für die Grundsteuer liegen bei der Berechnung zudem generell veraltete Daten zugrunde. Das Bundesverfassungsgericht bestimmte, dass die Vorgehensweise der Grundsteuerberechnung reformiert wird. Die Grundsteuer muss sich seit dem 1. Januar 2020 stärker am tatsächlichen Wert der Immobilie orientieren. Die neu berechnete Grundsteuer muss nach einer Übergangsfrist ab dem 1. Januar 2025 bezahlt werden.
Einheitswert berechnen: Warum war die Ermittlung des Einheitswerts verfassungswidrig?
Den Einheitswert zu berechnen, ist nötig, um eine Bezugsgröße für die Steuern auf Immobilieneigentum zu schaffen. Allerdings spiegelt der Einheitswert nicht die aktuellen Marktverhältnisse wider und entspricht somit nicht dem Verkehrs- oder Marktwert der Immobilie. Um den Einheitswert zu berechnen, wurden vor der Grundsteuerreform in Westdeutschland die Wertverhältnisse aus dem Jahr 1964 und in Ostdeutschland aus dem Jahr 1935 herangezogen. Das führte einerseits zu der vom Verfassungsgericht festgestellten Ungleichbehandlung. Des Weiteren bemängelten die Verfassungsrichter, dass eine Orientierung an längst veralteten Daten ebenfalls nicht verfassungsgemäß sei. 2019 wurde dann vom Bundesrat beschlossen, die Grundsteuer werteabhängig zu berechnen. Die Vorgehensweise, den Einheitswert zu berechnen, musste somit modifiziert werden.
Einheitswert berechnen: Welche Faktoren werden berücksichtigt?
Eigentümer erhalten einen Einheitswertbescheid, der jedoch nicht mit einem Steuerbescheid zu verwechseln ist.
Um für Wohnimmobilien den Einheitswert zu berechnen, werden folgende Faktoren herangezogen:
- Immobilienart
- Größe des Grundstücks
- Alter des Gebäudes
- Bodenrichtwert
- Statistisch ermittelte Nettokaltmiete
Zusammenhang zwischen Einheitswert und Grundsteuer
Die Höhe der Grundsteuer hängt von der Grundsteuermesszahl, dem Grundsteuerhebesatz und dem Einheitswert ab. Das Finanzamt nutzt folgende Formel, um die Grundsteuer zu berechnen:
Grundsteuer = Einheitswert x Grundsteuermesszahl x Grundsteuerhebesatz
Mit steigendem Einheitswert steigt die Höhe der Grundsteuer. Aus diesem Grund ist es für Eigentümer von Immobilien sehr wichtig, ob durch die Neuregelung ein wesentlich höherer Einheitswert für die Grundsteuern festgelegt wird. Einheitswert und Grundsteuern stehen somit in einer unmittelbaren Beziehung zueinander.
Hat der Einheitswert einen Einfluss auf den Verkauf von Immobilien?
Für die Festlegung eines Verkaufspreises spielt der Einheitswert keine Rolle. Denn er spiegelt veraltete Marktverhältnisse wider und steht somit in keinem direkten Zusammenhang mit dem Verkehrswert. Da der Einheitswert die Grundsteuern determiniert führt eine Steigerung zu höheren laufenden Kosten für die Immobilie. Entweder übernimmt der Eigentümer selbst die Zahlung der Grundsteuern oder legt diese im Falle einer Vermietung auf die Mieter um.
Die Grundsteuer hängt nicht nur vom Einheitswert, sondern außerdem vom Hebesatz der Kommune ab. Aus diesem Grund kann sich trotz vergleichbarem Einheitswertbescheid die Grundsteuer zweier benachbarter Kommunen erheblich unterscheiden. Wer bei der Entscheidung für einen Standort die laufenden Kosten der Immobilie einbeziehen möchte, sollte sich vorher über die Höhe des Grundsteuerhebesatzes informieren.
Einheitswert berechnen: Wie erfolgt die Berechnung konkret?
Der Gesetzgeber ist aufgefordert, die vom Verfassungsgericht angemahnte Neuregelung der Grundsteuerberechnung umzusetzen. Bis dies der Fall ist, gelten die alten Bewertungsregeln für eine Übergangsfrist bis längstens 31. Dezember 2024.
Bis zur Neuregelung basiert die Einheitswertberechnung auf den Wertverhältnissen von 1964 (Westdeutschland) und 1935 (Ostdeutschland). Es fließen Faktoren wie die Lage, die Ausstattung und die Bauweise in die Wertermittlung und den Einheitswertbescheid ein. Handelt es sich bei der Immobilie um ein unbebautes Grundstück, wird der Bodenrichtwert als Bezugsgröße verwendet. Für bebaute Immobilien lässt sich der Einheitswert berechnen, indem folgende Verfahren angewendet werden:
- Ertragswertverfahren
- Sachwertverfahren
Einheitswert berechnen nach dem Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren für die Ermittlung des Einheitswerts ähnelt dem Ertragswertverfahren für die Berechnung des Verkehrswerts von gewerblich genutzten Immobilien. Es ergeben sich jedoch gänzlich unterschiedliche Werte, weil bei der Einheitswertberechnung die Bezugsgrößen der Jahre 1935 und 1964 und nicht die aktuellen Werte einbezogen werden. Das Ertragswertverfahren wird genutzt, um für folgende Immobilien den Einheitswert zu berechnen:
- Mietwohngrundstücke
- Ein- und Zweifamilienhäuser
- Eigentumswohnungen
- gemischt genutzte Grundstücke
- Geschäftsgrundstücke
Der Einheitswertbescheid berücksichtigt die Jahresrohmiete oder ortsübliche Vergleichsmiete bei Eigennutzung, die zum Stichtag 1935 oder 1964 erwirtschaftet wurde. Diese Jahresrohmiete wird allerdings mit einem Vervielfältiger multipliziert. Außerdem werden wertmindernde sowie werterhöhende Faktoren durch Zuschläge und Abschläge einbezogen. Weitere Einflussgrößen sind das Baujahr, die Größe der Kommune sowie die Bauweise. Der Vervielfältiger ist für einen Massivbau in einer Großstadt höher als für einen Fertigbau in einem Dorf.
Einheitswert berechnen nach dem Sachwertverfahren
Der Einheitswertbescheid für Immobilien, für die keine Jahresrohmiete zur Verfügung steht, wird mit dem Sachwertverfahren erstellt. Dabei wird der Einheitswert für die Grundsteuer mit einem Verfahren berechnet, dass den Substanzwert der Immobilie ermittelt. Das Finanzamt addiert in diesen Fällen die Werte für das Grundstück, die Gebäude sowie die Außenanlagen. Der Gebäudewert wird wiederum ermittelt, indem der in Kubikmetern gemessene umbaute Raum mit den Herstellungskosten multipliziert wird, die bei der entsprechenden Herstellungsweise durchschnittlich anfallen. Der aus dieser Berechnung resultierende Gesamtwert wird schließlich mit einer vom Gesetzgeber festgelegten Wertzahl geglättet.
Gibt es keine Unterlagen, die das Finanzamt zur Berechnung nutzen kann, verwendet es eine Ersatzbemessungsgrundlage, die sich an der Wohn- oder Nutzfläche orientiert. Handelt es sich beim Grundstück um ein zu mehr als 50 Prozent gewerblich genutztes Grundstück, wird es zu 100 Prozent als Betriebsgrundstück bewertet. Wird das Grundstück jedoch zu mehr als 50 Prozent privat genutzt, gilt es insgesamt als Grundvermögen.
Zu welchem Stichtag wird der Einheitswert für die Grundsteuer ermittelt?
Der Einheitswertbescheid wird zum 1. Januar des Folgejahres festgestellt, nachdem sich eine Änderung des Werts ergeben hat oder eine neue wirtschaftliche Einheit entstanden ist. Änderungen zwischen zwei Stichtagen werden vom Finanzamt über Fortschreibungen berücksichtigt.
Dabei wird zwischen vier Fortschreibungen beim Einheitswertbescheid unterschieden:
- Zurechnungsfortschreibung (Eigentümerwechsel)
- Wertfortschreibung (deutlich veränderter Grundstückswert durch Flächenänderung oder Baumaßnahmen)
- Artfortschreibung (Nutzungsart wechselt, unbebautes Grundstück wird bebaut)
- Fehlerbeseitigende Fortschreibung (bei vorher fehlerhaft berechnetem Einheitswert)
Welche Behörde erlässt den Einheitswertbescheid?
Das sogenannte Betriebsstättenfinanzamt ist verantwortlich für die Erlassung des Einheitswertbescheids. Der Einheitswertbescheid bildet die Basis für den Grundsteuerbescheid. Der Einheitswertbescheid hat keinen Einfluss auf die Berechnung der Grunderwerbssteuer, denn diese wird auf Basis des tatsächlich realisierten Verkaufspreises einer Immobilie berechnet. Bis Ende 2022 müssen die Finanzämter für die mehr als 36 Millionen Immobilien den Einheitswert neu berechnen.
Wie oft wird der Einheitswert für die Grundsteuer berechnet?
Gemäß Paragraf 21 des Bewertungsgesetzes (BewG) soll der Einheitswert für die Grundsteuer alle sechs Jahre neu berechnet werden. Diese Vorgehensweise hat sich allerdings in der Praxis nicht durchgesetzt, da sich der Aufwand als zu hoch erwies. Die letzte Festsetzung der Einheitswertbescheide erfolgte für die alten Bundesländer zum 1. Januar 1964. In den neuen Bundesländern gelten sogar noch die Einheitswertbescheide von 1935. Aus diesem Grund liegen die Einheitswerte erheblich unter den Verkehrswerten. Für neue Einheiten (Neubauten, Gründung von Wohnungseigentum, Teilung von Grundstücken) erfolgt eine Nachfeststellung. Das bedeutet, dass das Finanzamt den Einheitswert für die Grundsteuer neu festlegt.
Einheitswert Grundsteuer: Wo findet man das Aktenzeichen für den Einheitswert?
Es gibt zwei Arten von Grundsteuern im deutschen Steuerrecht. Die Grundsteuer A gilt für Grundbesitz im Bereich der Land- und Forstwirtschaft und die Grundsteuer B gilt für alle anderen Arten von Immobilien. Einmal jährlich erhalten Eigentümer einen Grundsteuerbescheid. Die Grundsteuer ist in vierteljährlichen Raten zu zahlen. Auf dem Einheitswertbescheid und im Grundsteuerbescheid findet man das Einheitswert Aktenzeichen (EW-AZ), das aus 18 Ziffern besteht und neben der Steuernummer vermerkt wird. Bei der Zahlung der Grundsteuern ans Finanzamt, beim Einlegen von Widersprüchen gegen den Steuerbescheid sowie beim Stellen eines Antrags auf Festsetzung der Grundsteuern muss das Einheitswert Aktenzeichen genannt werden. Das EW-AZ ist also die steuerliche ID-Nummer des Grundstücks.
Einheitswert berechnen bei Erbschaft, Schenkung oder Scheidung?
Seit 2009 wird die Erbschafts- oder die Schenkungssteuer nach dem Verkehrswert der Immobilie berechnet. Das zuständige Finanzamt übernimmt die Ermittlung des Verkehrswerts und errechnet dann die fälligen Erbschafts- oder Schenkungssteuern. Bei der Festsetzung der Erbschaftssteuern werden die Schulden des Erblassers sowie die von den Erben bezahlten Kosten für die Bestattung und den Grabstein subtrahiert.
Bei einer Ehescheidung zählt eine gemeinsam angeschaffte Immobilie als Zugewinn, wenn nichts anderes vereinbart wurde. In diesem Fall wird der Zugewinn hälftig verteilt und bemisst sich anhand des Verkehrswerts. Der Einheitswert hat keinen Einfluss auf den Zugewinnausgleich.
Einheitswert berechnen: Hat dies einen Einfluss auf die Immobilienbewertung?
Der Einheitswert ist eine steuerliche Bemessungsgröße. Insofern hat der Einheitswert für die Grundsteuer, die Zweitwohnungssteuer und die Gewerbesteuer eine Bedeutung. Für die Immobilienbewertung ist jedoch der Verkehrswert entscheidend. Der Einheitswert liegt erheblich unter dem Verkehrswert. Inwieweit die Neuregelung der Ermittlung des Einheitswertbescheids etwas an dieser Differenz ändern wird, steht noch nicht fest. Wird der Einheitswert für die Grundsteuer berechnet, wenden die Finanzämter ebenfalls das Ertrags- und Sachwertverfahren an, allerdings basierend auf den Wertverhältnissen von 1935 (Ostdeutschland) und 1964 (Westdeutschland). Da außerdem bei der Ermittlung des Verkehrswerts andere Faktoren einbezogen werden, lässt sich der Verkehrswert nicht aus dem Einheitswert berechnen.
In den letzten Jahren häufte sich die Kritik an den Ungerechtigkeiten, weil der Einheitswert für die Grundsteuer sich nicht an einheitlichen Bezugsgrößen und außerdem an veralteten Werten orientiert. Bei der Modifizierung der Einheitswertfeststellung muss allerdings beachtet werden, dass die auf dem Einheitswertbescheid basierenden Grundsteuern umlagefähig sind. Die Grundsteuern werden auf die Miete umgelegt. Steigen diese Steuern parallel zu den Immobilienwerten, wären die Mieten vielerorts unbezahlbar. In diesem Fall würde der stark steigende Einheitswert die Grundsteuern auch für Eigenheimbesitzer zum erheblichen Kostenfaktor werden lassen.
Vor der Entscheidung für den Kauf einer Immobilie sollte man in jedem Fall einen kompetenten Immobiliengutachter mit der Feststellung des Verkehrswerts beauftragen. Denn dieser gibt anders als der Einheitswert einen realistischen Marktwert an, der von der Bank als Beleihungswert akzeptiert wird.
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Dieser Beitrag wurde für Sie aktualisiert am: 11. September 2020