Wer Gewerbeimmobilien besitzt, dem sollte der Ertragswert ein Begriff sein. Immobilienvermögen ist ein wichtiger Bestandteil des Gesamtvermögens von Unternehmen und außerdem für die gesamte Unternehmensstrategie relevant. Aus diesem Grund ist eine Wertermittlung von Gewerbeimmobilien nicht nur bei Eigentumsübertragungen vorgesehen, sondern auch vor dem Hintergrund einer wertorientierten Unternehmenssteuerung relevant. Des Weiteren ist die Ermittlung der Immobilienwerte sinnvoll, um den Bilanzansatz zu überprüfen oder durch interne Umstrukturierungen Steuerrisiken zu vermeiden.
Die Ermittlung des Werts von Gewerbeimmobilien ist jedoch schwierig und komplex, denn sie wird überwiegend nach dem Ertragswertverfahren durchgeführt, bei dem der Ertragswert der Immobilie festgestellt wird. Zu diesem Zweck müssen die Benutzungsdauer, der Bodenrichtwert und der Liegenschaftszins berücksichtigt werden. Deshalb sollte bei der Beauftragung eines Immobiliengutachters besonders auf dessen fachliche Eignung geachtet werden. Erfahrung, Expertise und die Kenntnis regionaler Gegebenheiten sind nötig, um den Verkehrswert der Gewerbeimmobilie zu ermitteln.
Warum ist der Ertragswert relevant?
Gewerbeimmobilien zeichnen sich dadurch aus, dass sie für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen sind, mit ihnen also Erträge erzielt werden. Aus diesem Grund muss der Ertragswert berechnet werden. Die Gewinnerzielung ist das entscheidende Merkmal für die Abgrenzung von Gewerbeimmobilien zu anderen Immobilien.
Zu den Gewerbeimmobilien gehören beispielsweise folgende Objekte:
- Industrieanlagen
- Einkaufsmärkte
- Gewerbe- und Industrieparks
- Bürogebäude
- Gebäude mit Kanzleien und Praxen
Auch Mietshäuser werden überwiegend nach dem Ertragswertverfahren bewertet, obwohl sie im eigentlichen Sinne keine Gewerbeimmobilien darstellen.
Was ist bei der Berechnung des Ertragswerts zu berücksichtigen?
Neben dem materiellen Wert der Gewerbeimmobilie ist entscheidend, welche Möglichkeiten der künftigen Gewinnerzielung damit verbunden sind. Das wiederum hängt vom Liegenschaftszins, der Benutzungsdauer und dem Bodenrichtwert ab. Vereinfacht ausgedrückt, ist eine Immobilie in der Wirtschaft umso wertvoller, je mehr lukrative Nutzungsmöglichkeiten sie dem Eigentümer bietet. Das Ertragswertverfahren ist ein diskontierendes Barwertverfahren auf der Grundlage marktüblicher Mietverträge.
Zusammenhang von Ertragswert und Bodenrichtwert
Um die Bewertung korrekt vorzunehmen, werden Grundstück und Gebäude bei der Berechnung des Ertragswerts isoliert betrachtet. Der Grundstückswert ist abhängig vom Bodenrichtwert. Dieser Bodenrichtwert ist ein Hilfswert, mit dem der Wert eines Grundstücks geschätzt wird, wenn das Vergleichswertverfahren nicht angewendet werden kann. Gerade bei Gewerbeimmobilien ist es nicht leicht, ausreichend vergleichbare Grundstücke als Bewertungsmaßstab heranzuziehen. Bodenrichtwerte werden bundesweit von Gutachterausschüssen ermittelt und für die Kommunen zusammengestellt, müssen jedoch vom Immobiliengutachter um wertmindernde und werterhöhende Faktoren bereinigt werden.
Zusammenhang von Ertragswert und Liegenschaftszins
Der Liegenschaftszins gibt an, wie sich eine Investition in diese Gewerbeimmobilie verzinsen wird. In diesem Zusammenhang ist neben dem materiellen Wert die Möglichkeit der künftigen Drittverwertung entscheidend. Der Ertragswert ist umso höher, je mehr alternative Nutzungsmöglichkeiten für die Immobilie vorhanden sind. Einkaufszentren in den Ballungsgebieten können von potentiellen Käufern in vielfacher Hinsicht genutzt werden. Auch Bürogebäude und Gebäudekomplexe, die als Büro umgebaut werden können, sind vielseitig einsetzbar und bieten verschiedene Möglichkeiten für eine Drittverwertung. Derartige Immobilien haben deshalb einen höheren Ertragswert als hochspezialisierte Industrieanlagen oder großflächig angelegte Freizeitparks, bei denen einen Nutzungsveränderung nur mit erheblichen weiteren Investitionen möglich wäre. Der Liegenschaftszins ist dementsprechend bei vielseitig nutzbaren Gewerbeimmobilien ein anderer.
Zusammenhang von Ertragswert und Benutzungsdauer
Die Benutzungsdauer hat ebenfalls Einfluss auf den Wert der Gewerbeimmobilie. Je länger eine noch zu erwartende Benutzungsdauer ist, desto wertvoller ist die Immobilie. Auch in dieser Hinsicht werden Grundstück und Gebäude gesondert bewertet, wobei beim Gebäude Abschreibungen berücksichtigt werden müssen.
Was erschwert die Ermittlung des Ertragswerts?
Es ist besonders schwierig, die potentielle Rendite einer Gewerbeimmobilie zu ermitteln, wenn nur eine geringe oder gar keine Nachfrage vorhanden ist. Bei den Bodenrichtwerten handelt es sich außerdem um Durchschnittswerte, die keinesfalls exakt sind. Nur ein sehr erfahrener Sachverständiger kann realistisch die Möglichkeiten der Drittverwertung berechnen, um den Verkehrswert zu ermitteln. Der Sachverständige stellt die möglichen rentable Nutzungen dar und erstellt einen Mietvertrag, an dem sich Investoren orientieren können und der auf dem geschätzten Liegenschaftszins basiert.
Außerdem müssen werterhöhende und wertmindernde Faktoren einbezogen werden, die den Ertragswertbeeinflussen:
- Kosten der Bewirtschaftung
- vermietet oder unvermietet
- Nutzungseinschränkungen durch geltendes Bau- oder Umweltrecht
- Fragen des Steuerrechts
- Nutzungseinschränkungen durch eingetragene Rechte
Wann ist die Feststellung des Immobilienwerts zwingend erforderlich?
Nicht nur, wenn der Besitzer die Immobilie verkaufen will, sondern bei jeder Art von Eigentumsübertragung muss vorher der Verkehrswert ermittelt werden. Dieser Wert ist Grundlage für die Berechnung der Grunderwerbssteuer und wird auch bei der Bilanzierung der Gewerbeimmobilie herangezogen. Der Immobilienwert ist außerdem relevant, wenn bei der Bank eine Anschlussfinanzierung vereinbart werden soll oder für andere Finanzierungsvorhaben ein Bonitätsnachweis benötigt wird. Des Weiteren ist der Ertragswert bei einer beabsichtigten Vermietung die Grundlage für die Berechnung des Mietzinses.
Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage
Soll eine Gewerbeimmobilie als Kapitalanlage genutzt werden, ist die realistische Einschätzung des Ertragswerts besonders wichtig, um das Risiko einer Fehlinvestition zu minimieren. Aus diesem Grund sollten die Investoren darauf achten, die Immobilienbewertung in die Hände von kompetenten Sachverständigen, wie den Experten von Ruof Immobilienbewertung, zu legen. Diese werden realistische Renditeprognosen erstellen.
Folgen einer fehlerhaften Feststellung des Ertragswerts
Eigentümer, die Ihre Immobilie verkaufen wollen, schätzen den Ertragswert der Gewerbeimmobilie oft falsch ein. Dies liegt daran, dass es sehr schwierig ist, die möglichen Renditeerwartungen zu bestimmen. Bodenrichtwerte kann man zwar bei den Kommunen erfragen, die Ermittlung der Benutzungsdauer ist jedoch für Laien schwierig und die des Liegenschaftszinses kaum möglich. Der von den Eigentümern vermutete Wert liegt meist über dem tatsächlichen Ertragswert, sodass wirtschaftliche Entscheidungen auf Basis falscher Annahmen getroffen werden.
Wie wird die Berechnung nach dem Ertragswertverfahren durchgeführt?
Mit Hilfe des Ertragswertverfahrens ist es möglich, eine Gewerbeimmobilien Bewertung durchzuführen. Bei dieser Berechnung kommt es darauf an, in Erfahrung zu bringen, wie hoch die Erträge aller Voraussicht nach sein werden. Um den Ertragswert berechnen zu können, wird der Bodenwert mit dem Gebäudeertragswert der bestehenden baulichen Anlagen addiert. Daraus ergibt sich der Ertragswert.
Daran zeigt sich, dass der Bodenwert getrennt von dem Wert der baulichen Anlagen zu sehen ist. Denn es ist davon auszugehen, dass sich der Wert des Bodens nicht verändern wird. Der Bodenwert hängt von anderen Faktoren ab als der Wert der Gebäude. Bei Ertragswertverfahren und Immobilien ist es dementsprechend wichtig, eine Benutzungsdauer zu berücksichtigen. Denn ein Objekt kann anders als der Grund und Boden, nicht unbegrenzt lange genutzt werden. Um den Ertragswert berechnen zu können, muss zunächst der Gebäudeertragswert ermittelt werden. Dieser kann im Anschluss dem Bodenwert hinzugerechnet werden.
Beispielrechnung zum Ertragswertverfahren Immobilien
Die Beispielrechnung zum Ertragswertverfahren für Immobilien bezieht sich auf ein Objekt mit einem 1.000 Quadratmeter großen Grundstück. Als Bodenrichtwert werden 150 Euro je Quadratmeter zugrunde gelegt und der Rohertrag liegt bei 40.000 Euro p.a. Dabei handelt es sich um die übliche Jahresmiete. Als Liegenschaftszins wird ein Wert von 5 Prozent angesetzt. Zu den sonstigen Umständen, die in Abzug gebracht werden, zählen in diesem Fall Baumängel. Diese wurden mit 50.000 Euro bewertet.
Größe des Grundstücks: 1.000 Quadratmeter
x Bodenrichtwert je Quadratmeter: 150 Euro
= Bodenwert: 150.000 Euro
Rohertrag (übliche Jahresmiete): 40.000 Euro
– Bewirtschaftungskosten: 5.000 Euro
= Grundstücks-Reinertrag: 35.000 Euro
– Bodenwertverzinsung (Bodenwert x dem Liegenschaftszins von 5%): 7.500 Euro
= Gebäudereinertrag: 27.500 Euro
x Vervielfältiger bei einer Restnutzungsdauer von 25 Jahren: 14
= Gebäudeertragswert: 385.000 Euro
Bodenwert + Gebäudeertragswert = Vorläufiger Ertragswert: 535.000 Euro
– Sonstige Umstände (Baumängel)l: 50.0000 Euro
= Ertragswert: 485.000 Euro
Grundlagen der Berechnung des Ertragswertverfahrens
Um den Ertragswert berechnen zu können, sind somit eine Vielzahl an Daten zum Grundstück und der Immobilie erforderlich:
- Rohertrag: Dabei handelt es sich um den Betrag der ortsüblichen, erzielbaren Jahresmieten.
- Bewirtschaftungskosten: Dabei handelt es sich um all jene Kosten, die mit dem Grundstück oder dem Gebäude anfallen, beispielsweise Verwaltungsgebühren, Abschreibungen oder Instandhaltungskosten.
- Liegenschaftszins: Das ist die marktübliche Verzinsung einer Liegenschaft. Der Liegenschaftszins kann in der Regel bei den Gutachterausschüssen der jeweiligen Gemeinden erfragt werden.
- Vervielfältiger: Dieser Wert ergibt sich aus der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszins. Bei diesem gilt: Je beliebter die Lage ist, desto höher fällt auch der Vervielfältiger aus. Damit ist dieser abhängig vom Standort und kann in beliebten Großstädten deutlich höher ausfallen als in ländlichen Regionen.
- Sonstige Faktoren: Das sind alle Faktoren, welche den Wert mindern oder sogar erhöhen, beispielsweise Mängel, Bauschäden oder Mietbindungen.
Worin liegen die Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens?
Mit dem Ertragswertverfahren ist es möglich, sehr praxisnahe Daten für eine Gewerbeimmobilien Bewertung zu erhalten. Zur Berechnung ist der Zusammenhang zwischen dem Wert des Grundstücks und des Objektes und den zu erwartenden Erträgen darstellbar. Für diese Berechnung werden reale Zahlen aus der Praxis genutzt. Dadurch erhalten Käufer, Unternehmen, Investoren und andere, welche eine Bewertung von Gewerbeimmobilien durchführen lassen möchten, einen möglichst konkreten Ertragswert. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Ertragswertverfahren Regelungen unterliegt. Denn es wird in der Wertermittlungsverordnung gesetzlich geregelt.
Doch neben den Vorteilen kennt das Ertragswertverfahren auch einige Nachteile. Um den Ertragswert berechnen zu können, wird der Liegenschaftszins benötigt. Doch dies kann sich in der Praxis als schwierig erweisen, da für dessen Berechnung nicht immer ausreichend relevante Daten vorhanden sind. Zudem ist zu beachten, dass sich die Daten für das Ertragswertverfahren von Immobilien auf Daten aus der Vergangenheit stützen. Damit lassen sich aktuelle Phasen von stark steigenden Mieten oder andere Faktoren nicht so gut berücksichtigen. Trotz detaillierter Berechnung ist es somit möglich, dass sich die Lage und damit auch der Wert verändert.
Das Ertragswertverfahren zur Bewertung von Unternehmensimmobilien
Das Ertragswertverfahren ist für Immobilien wie der Gewerbeimmobilien Bewertung ein wichtiges Instrument. In diesem Bereich ist es das gängigste Verfahren. Denn mit diesem ist es möglich, Gewerbeimmobilien im Rahmen von gesamten Unternehmensbewertungen zu bewerten. Die zukünftigen Gewinne des Objektes werden somit berücksichtigt.
Eine derartige Berücksichtigung lassen andere Verfahren wie das Sachwertverfahren nicht zu. Mithilfe des Sachwertverfahrens ist es nicht möglich, die Rendite des Objektes in die Berechnung mit einzubeziehen. Dementsprechend findet das Sachwertverfahren bei Immobilien Anwendung, welche nicht der Renditeerzielung dienen. Das ist beispielsweise bei privaten, selbst genutzten Gebäuden der Fall. Entscheidende Faktoren zur Berechnung des Wertes durch das Sachwertverfahren sind die Grundstücks- und Herstellungskosten. Auch das Vergleichswertverfahren wird, wenn ausreichend Vergleichsobjekte zur Verfügung stehen, vorzugsweise für selbst genutzten Wohnraum verwendet. Soll das Objekt jedoch vermietet oder gewerblich genutzt werden, ist das Ertragswertverfahren für Immobilien vorteilhaft. Denn es berücksichtigt bei der Gewerbeimmobilien Bewertung die Rentabilität. Dementsprechend wird das Ertragswertverfahren insbesondere bei jenen Immobilien zur Gewerbeimmobilien Bewertung genutzt, die über einen Anteil von 30 Prozent gewerblicher Fläche und mehr verfügen.
Fazit:
Es ist nicht einfach, den Ertragswert zu berechnen. Denn die Wertermittlung stützt sich zum großen Teil auf die Prognose künftiger Renditemöglichkeiten und meist sind wenig Vergleichsmöglichkeiten vorhanden. Einerseits werden dabei strategische Entwicklungsmöglichkeiten nicht ausreichend berücksichtigt und andererseits auch Risiken unterschätzt. Letztlich hängt es von der Erfahrung und den Kenntnissen des Immobiliengutachters ab, wie realistisch der ermittelte Ertragswert den Verkehrswert abbildet. Die Immobiliensachverständigen von Ruof & Kollegen sind Experten auf dem Gebiet der Gewerbeimmobilien. Wir beraten Sie gern!
Dieser Beitrag wurde für Sie aktualisiert am: 31.05.2021