Mit einem Vollgutachten für Immobilien lässt sich der Verkehrswert genau ermitteln. Ein derartiges Gutachten ist gerichtsfest und enthält, im Gegensatz zu einem Kurzgutachten, alle erforderlichen Details. Der Wert einer Immobilie lässt ich anhand des Verkehrswertgutachtens verlässlich darstellen. Dazu führt ein Sachverständiger für Immobilien eine detaillierte Bewertung durch. Der Gutachter verschafft sich dazu einen Überblick über die Daten, Fakten und den Zustand des Objektes und erstellt das Vollgutachten. Ein solches Gutachten kann nicht nur bei Kauf oder Verkauf von Immobilien relevant sein, sondern kann vor Gericht genutzt und Behörden vorgelegt werden.
Was ist ein Vollgutachten für Immobilien?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, den Wert einer Immobilie zu ermitteln. Zunächst lässt sich die Wertermittlung anhand verschiedener Berechnungsverfahren unterscheiden. Dazu zählen das Vergleichs-, das Ertrags- und das Sachwertverfahren. Doch ein Gutachten unterscheidet sich nicht nur hinsichtlich der Berechnungsart, sondern auch nach dem Umfang und den Besonderheiten. Grundsätzlich lassen sich dabei drei unterschiedliche Arten unterscheiden:
- Das Schadensgutachten
- Das Verkehrswertgutachten
Das Kurzgutachten stellt eine vereinfachte Form eines Gutachtens dar und liefert Auftraggebern bereits einen Anhaltspunkt über den Immobilienwert. Detaillierte Prüfungen finden bei derartigen Gutachten jedoch nicht statt. Beim Schadensgutachten gibt es ebenfalls Kurzgutachten. Dabei nimmt ein Gutachter eine Art Mängeldokumentation vor. Diese Art des Gutachtes ist beispielsweise bei Versicherungsschäden oder Baumängeln relevant. Das Verkehrswertgutachten ist im Gegensatz dazu ein sehr umfangreiches und detailliertes Gutachten, welches bestimmten Formvorschriften unterliegt. Es wird auch als Vollgutachten bezeichnet, denn es bietet eine vollumfängliche Bewertung der Immobilie.
Wer erstellt ein Vollgutachten für Immobilien?
Ein vollständiges Verkehrswertgutachten wird von verschiedenen Sachverständigen für Immobilienbewertung erstellt. Jedoch ist die Bezeichnung des Sachverständigen nicht geschützt, weshalb Auftraggeber des Gutachtens auf die Bezeichnung und Qualifikation achten sollten. So gibt es zunächst freie Sachverständige oder freie Immobiliengutachter. Für ihre Tätigkeit bedarf es keiner offiziellen Qualifizierung, wodurch ein von ihnen erstelltes Immobiliengutachten vor Gericht oder Finanzämtern nicht verwertbar wäre. Anders sieht es jedoch bei folgenden Sachverständigen für Immobilien aus:
- EU-zertifizierte Sachverständige nach DIN EN ISO/IEC 17024
- Vereidigte und öffentlich bestellte Immobiliengutachter
Beide genannten Sachverständige können als staatlich anerkannte Immobiliengutachter bezeichnet werden. Von derartigen Sachverständigen erstellte Vollgutachten für Immobilien werden vor Gericht anerkannt. Beide unterliegen einer Prüfung durch die jeweilige Zertifizierungsstelle oder die Industrie- und Handelskammer, IHK. Die Besonderheit eines staatlich anerkannten Immobiliengutachters ist jedoch zusätzlich, dass die Wertgutachten für Immobilien auch von Behörden, beispielsweise vom Finanzamt anerkannt werden.
Wann ist ein Vollgutachten erforderlich?
Insbesondere wenn ein Immobiliengutachten auch vor Gerichten oder Finanzämtern Bestand haben soll, sollte stets ein EU-zertifizierter oder vereidigter und öffentlich gestellter Gutachter hinzugezogen werden. In diesen und anderen Fällen ist das Vollgutachten notwendig. Denn es wird nicht nach persönlichen Anforderungen erstellt, sondern unterliegt bestimmten Formvorschriften. In diesem Zusammenhang gilt es als eine sehr exakte Möglichkeit, den Wert einer Immobilie ermitteln zu können. Denn mit diesem Gutachten werden alle Aspekte des Objektes geprüft. In vielen Fällen ist nur ein Vollgutachten für Immobilienbewertung vorzulegen:
- Scheidungsfälle mit Rechtsstreitigkeiten
- Erbschaften, die vor Gericht geklärt werden müssen
- Rechtliche Auseinandersetzungen bei Steuerberechnungen in Bezug auf die Erbschafts- oder Schenkungssteuer
- Zwangsversteigerungen
- Immobilienzuführung oder Immobilienentnahme aus dem Betriebsvermögen bei Gewerbeimmobilien
In den vorgenannten Fällen ist ein rechtssicheres Gutachten durch einen anerkannten Sachverständigen für Immobilien unabdingbar. In anderen Fällen ist es nicht vorgeschrieben, kann sich jedoch als vorteilhaft erweisen und spätere Rechtsstreitigkeiten verhindern. Das ist beispielsweise bei einvernehmlichen Scheidungen oder Erbschaften der Fall. Kommt es im Zuge dieser Prozesse zu keinen rechtlichen Auseinandersetzungen, ist es möglich, anhand eines Kurzgutachtens den Wert bestimmen zu lassen. Ein Vollgutachten kann jedoch auch in diesen Fällen dazu beitragen, den exakten Wert festzustellen, um eine möglichst gerechte Aufteilung des Vermögens erzielen zu können spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Eine Onlinebewertung ist grundsätzlich nicht brauchbar, da die Besonderheiten des Objekts und des Marktes nicht berücksichtigt werden. In welchen Fällen welches Wertgutachten für Immobilien hilfreich oder auch erforderlich ist, kann folgender Übersicht entnommen werden:
Arten von Immobilienwertgutachten | ||
---|---|---|
Fall | Art des Gutachtens | Ersteller des Gutachtens |
Kauf/Verkauf | Kurz- oder Vollgutachten | Makler, freier Gutachter, aber auch EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Erbschaft ohne Rechtsstreit | Kurz- oder Vollgutachten | freier Gutachter, aber auch EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Scheidung ohne Rechtsstreit | Kurz- oder Vollgutachten | freier Gutachter, aber auch EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Erbschaft mit Rechtsstreit | rechtssicheres Vollgutachten | EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Scheidung mit Rechtsstreit | rechtssicheres Vollgutachten | EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Zwangsversteigerung | rechtssicheres Vollgutachten | EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Erbschaftssteuer | rechtssicheres Vollgutachten | EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Schenkungssteuer | rechtssicheres Vollgutachten | EU-zertifizierter oder vereidigter Gutachter |
Wie setzt sich ein Wertgutachten für Immobilien zusammen?
Ein Gutachten kann je nach Art und Nutzung des Objektes nach dem Vergleichswert-, Ertragswert- oder Sachwertverfahren erstellt werden. Ein Vollgutachten für Immobilien umfasst als umfangreiches Verkehrswertgutachten mehrere Seiten. Ein Umfang von 20 bis 40 Seiten sind üblich. Dementsprechend aufwändig fällt die Bewertung aus. Ein gerichtlich anerkanntes Gutachten nach Baugesetzbuch (BaugB), §194 enthält zum Beispiel folgende Details:
- Baujahr und die Lage des Objektes
- Gebäudeart
- Bodenwerte gemäß Bodenrichtwertkarten
- Ausstattung und Zustand
- die energetische Beschaffenheit
- Außenanlagen
- der Grad der Erschließung
- eine etwaige Minderung des Werts durch Bauschäden oder Baumängel
- die gegenwärtige und in der Zukunft mögliche Nutzungsart (insbesondere bei Gewerbeimmobilien)
- eine mögliche Vermietbarkeit
- die Wirtschaftlichkeit des Objektes
- die Marktlage
- etwaige Grundstückslasten
- die rechtlichen Rahmenbedingungen
- die Restnutzungsdauer
Diese und weitere Details nehmen Einfluss auf das zu erstellende Gutachten und werden in den schriftlichen Ausführungen detailliert ausgeführt. Darüber hinaus enthält ein Vollgutachten auch Anlagen. Zu diesen zählen zum Beispiel neben den Bauplänen, der Flurkarten, Grundrissen und Verträgen auch der Energieausweise und Bilder vom Objekt. Dadurch erhält der Betrachter einen umfassenden Überblick von der Immobilie und eine fundierte Einschätzung über den Wert.
Wie lange ist ein Gutachten eines Sachverständigen für Immobilien gültig?
Aufgrund der umfangreichen Bewertung dauert es im Durchschnitt etwa vier bis sechs Wochen, bis ein Sachverständiger für Immobilien ein vollwertiges Gutachten erstellt hat. Die Dauer hängt allerdings maßgeblich vom Umfang und den etwaigen Besonderheiten des Objektes ab und kann mitunter auch deutlich länger ausfallen. Ebenso spielt die Auslastung des Gutachters eine Rolle und ob alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden. Welche Unterlagen relevant sind, kann vorab erfragt werden.
Ein Wertgutachten für Immobilien wird zu einem bestimmten Stichtag berechnet und ist dementsprechend nicht unendlich lange gültig. Als aktuell wird in der Regel ein Vollgutachten für Immobilien angesehen, wenn es nicht älter als sechs Monate alt ist und keine Veränderungen am Objekt durchgeführt wurden, welche den Wert beeinflussen. Turbulente Marktentwicklungen können jedoch dazu beitragen, dass vor Ablauf eines halben Jahres ein erneutes Gutachten erforderlich wird.
Welche Unterlagen werden für ein Wertgutachten für Immobilien benötigt?
Zur Erstellung eines Vollgutachtens für Immobilien prüft der Gutachter alle relevanten Details zur Bewertung einerseits anhand der Unterlagen und andererseits durch eine Besichtigung. Die Unterlagen müssen Auftraggeber dementsprechend vorab bereithalten. Das kann den Prozess erheblich beschleunigen. Aufgrund der Komplexität sind für ein Vollgutachten, im Gegensatz zu einem Kurzgutachten, eine Vielzahl an Unterlagen erforderlich. Diese sollten vorab frühzeitig angefordert werden. Aufgrund der Vielzahl an erforderlichen Unterlagen muss entsprechend viel Zeit eingeplant werden. Folgende Unterlagen werden in der Regel durch den Gutachter angefragt:
- ein aktueller Grundbuchauszug vom Grundbuchamt
- der Auszug aus dem Bebauungsplan vom Bauordnungsamt bzw. dem Stadtplanungsamt
- Auszug aus dem Baulastenverzeichnis
- der Energieausweis (nicht älter als zehn Jahre)
- Kopien der Deckblätter sämtlicher Baugenehmigungen des Objektes und dazugehöriger Außenanlagen
- ein Flurkartenauszug vom örtlichen Katasteramt
- Rechnungen oder andere Nachweise über erfolgte Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen (der letzten fünfzehn Jahre)
- Verbrauchsabrechnungen (der letzten drei Jahre)
- Wohnflächenberechnung sämtlicher Räume des Objektes
- eine Berechnung der Bruttogrundfläche
- Bodenrichtwert
- Denkmalschutzbescheid bei denkmalgeschützten Objekten
- Auflistung etwaiger geschützter Bäume
- der Erbbaurechtsbescheid bei Erbbaugrundstücken
- eine Bescheinigung über den aktuellen Erbbauzins
Handelt es sich um Eigentumswohnungen, sind zugleich die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung und der Aufteilungsplan erforderlich. Bei Mietobjekten ist die Höhe der Mieten relevant. Dazu bedarf es einer Aufstellung der Nettokaltmieten und der aktuellen Mietverträge.
Welche Vorteile bietet ein Vollgutachten für Immobilien?
Zur Erstellung eines Gutachtens gibt es viele Ansprechpartner. So bieten beispielsweise auch Makler ein Kurzgutachten oder eine Marktpreiseinschätzung anhand der Immobilienpreise vor Ort an. Doch zur Erstellung eines Vollgutachtens für Immobilien bedarf es eines Experten. Denn für ein umfangreiches Vollgutachten müssen viele Details überprüft werden. Das ist für den Auftraggeber zunächst mit höheren Kosten für das Honorar verbunden. Zudem muss in der Regel auch mit längeren Wartezeiten, von der Auftragserteilung bis hin zum fertigen Gutachten gerechnet werden. Doch für Auftraggeber bietet ein Vollgutachten für Immobilien viele entscheidende Vorteile. Im Zuge eines Vollgutachtens werden alle relevanten Daten berücksichtigt und überprüft. Dadurch lässt sich ein zuverlässiger Wert des Objektes ermitteln. Auch im Fall eines Verkaufes bietet das die Möglichkeit, den Verkaufspreis möglichst realistisch anzusetzen und einen Vermögensschaden durch einen zu niedrigen Verkaufspreis zu vermeiden. Ein Vollgutachten bietet allen Parteien Sicherheit und sorgt für faire und klare Verhandlungen.
Darüber hinaus kommt ein Vollgutachten für Immobilien immer dann zum Einsatz, wenn es von Amts wegen oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Der Vorteil eines Vollgutachtens liegt dann darin, dass es von Finanzämtern und anderen Behörden anerkannt wird. Auch vor Gericht ist die Berechnung des Gutachtens verwertbar und stellt die Basis für weitere Verhandlungen dar. Wird die Schenkungs- oder Erbschaftssteuer seitens der Finanzbehörde beispielsweise zu hoch angesetzt, ist es möglich, die Steuerlast durch Vorlage eines gerichtsfesten Verkehrswertgutachtens zu senken.
Welche Immobiliengutachterkosten fallen für ein Gutachten an?
Die Kosten für ein Immobiliengutachten sind frei verhandelbar. Denn es existiert keine gesetzlich bindende Gebührenordnung, wie sie in anderen Berufen üblich ist. Dementsprechend kann es sich lohnen, sich vorab über die zu erwartenden Kosten zu informieren.
Der Kostenaufwand für ein Kurzgutachten ist vergleichsweise gering. Häufig fallen lediglich Kosten von wenigen Hundert Euro an. Diese hängen auch vom Arbeitsaufwand und den zu prüfenden Inhalten ab und können unterschiedlich hoch ausfallen. Der Kostenaufwand für ein Vollgutachten für Immobilien liegt in der Regel zwischen 0,5 und 1,5 Prozent des Immobilienwertes. Bei einer Immobilie mit einem Wert von 500.000 Euro lägen die Kosten dementsprechend zwischen 2.500 und 7.500 Euro. Jedoch können die Kosten je nach Gutachter und Umfang stark variieren.
Wer muss die Kosten für das Gutachten zahlen?
Die Kosten für ein Wertgutachten für Immobilien müssen vom jeweiligen Auftraggeber gezahlt werden. Wer beispielsweise im Rahmen eines Verkaufs ein Verkehrswertgutachten durchführen lassen möchte, muss die Kosten dafür selbst tragen. In manchen Fällen wird das Gutachten auch durch die kreditgebende Bank in Auftrag gegeben. Dann ist die Bank als Auftraggeber verpflichtet, die Kosten des Wertgutachtens der Immobilie zu zahlen. Die Weitergabe der Kosten an den Kreditnehmer ist laut aktueller Rechtsprechung nicht zulässig. Entsprechende Klauseln in Verträgen sind unwirksam.
Das Vollgutachten als umfangreiches Gutachten für Immobilien?
Ein vollumfängliches Gutachten ist für den Auftraggeber zunächst mit höheren Kosten verbunden. Jedoch bietet es hinsichtlich der Berechnung des Verkehrswertes ein hohes Maß an Sicherheit. Zugleich wird das Vollgutachten bei Immobilien auch von Ämtern und Gerichten anerkannt. Um anerkannt zu werden, ist es jedoch erforderlich, dass es von Experten erstellt werden, die zur Erstellung eines gerichtsfesten Gutachtens berechtigt sind.
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Verwendete Bilder in diesem Beitrag:
Austin Distel/unsplash